Eine Deutschlandtour. (2022)

Einmal kreuz und quer und rund herum um Deutschland in 33 Tagen über 3000 km mit dem Trekkingrad.(Bio) Ohne wirkliches Ziel.

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Karte: © OpenStreetMap-Mitwirkende

Fahrrad: 5 Jahre altes Stevens 6X Lite (Bj. 2017) mit 3x10 Gängen Shimano Deore, Felgenbremsen, 42 mm Schwalbe Marathon Reifen, 2 Packtaschen à 20 Liter von MSX, 8,5 Liter Lenkertasche Ortlieb, 3 kleinen Rahmentaschen, fest installierter Koffer 17 Liter von M-Wave, Gesamtgewicht mit Fahrer: 130kg (Das ist für das Fahrradmodell max. erlaubt - voll ausgereizt ;)

Zeit: 2.5.2022 bis 13.6.2022

Tag 1 Baden-Baden - Walldorf

91km 100Hm 7h45min

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Bestes Wetter, nicht verfahren, Campingplatz ist ok. (KWT)

Tag 2 - Um Lei Tung

So heisst nicht etwa der chinesische Verkehrsminister, sondern das war das Tagesmotto.

90km zum Steinrodsee bei Frankfurt

Nach der achten Sperrung/Umleitung habe ich aufgehört zu zählen. Wie durch ein Wunder dann doch noch vor 17:00 Uhr auf dem Campingplatz in der Frankfurter Einflugschneise angekommen. Eigentlich hätte ich mich da vorher online anmelden müssen, aber ich wurde dann trotzdem aufgenommen. Bild: Rhein bei Mannheim.

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Tag 3 - gemütlich rollen

Gräfenhausen - Freigericht 67km 200Hm 7h

Heute etwas gemütlicher, durch schöne Buchenwälder. Auch deshalb gemütlich, da es kein zu erreichendes Ziel gibt. Am einfachsten ist es, wenn man in der Mittagspause mit dem Handy nachsieht, was in ca. 25km Entfernung halbwegs auf der Route liegt und spontan anruft. Heute hat das wunderbar geklappt und ich bin irgendwo im Nirgendwo auf einem ländlichen urigen Hof mit Pension untergekommen.

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Sogar durch Hanau dank Zufall und guter Navigation mit Osmand App gekommen, abseits der Großstadtverkehrs.

Tag 4 - moderate Hügel

64km bei 300 Höhenmetern waren heute zu absolvieren

Vorbei an der zur Zeit fast entleerten Kinzigtalsperre am R3 Radweg bis nach Schlüchtern war zunächst das Ziel. Aber da es gut lief und ich wusste, dass nach Schlüchtern ein größerer Anstieg zu machen ist, habe ich den noch mitgenommen.

Neues Ziel Flieden, bzw ein Ortsteil. Eine bikerfreundliche Pension ist auch schon gefunden.

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Auf dem Bild ist ein aufgeschütteter Kalisalzberg zu sehen, ca 180m hoch. Davon gibt es hier bis nach Thüringen immer wieder welche zu sehen. Das Hotel ist nicht irgendein kleines welches, sondern hat Kegelbahn und Festsaal und katakombenlabyrinthische Wege. Ob ich en richtigen Weg heute abend finde, ist noch nicht sicher. Da man sich auch mal was gönnen muss, gibt's heute Spargel. Genau einmal im Jahr.

Tag 5 - Plan F

101km und 450Hm in 10h macht 3600kcal

Bei strahlend blauem Himmel ging es weiter nordwärts.Durchs nette Fulda und weiter durchs Haunetal. Nach 33km, da war es erst 12:00 Uhr, wäre bereits eine Unterkunft gefunden. Doch nur 33km heute? Echt jetzt? #Error A. Nee, das ist zu wenig.

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Bei km 50 gibt es einen Hof, der gern Radelnde nimmt. Wird schon klappen. #Error B. Ausgebucht, weil eine Radlergruppe mit 30 Leuten alles gebucht hatte. Ja gut, dann nach Hünfeld. #Error C. So ein unsympathischer Ort, geht nicht ohne Street fighter Erfahrung. Ja, blöd...nach Bad Hersfeld und dort was suchen? #Error D. Als Kurstadt und am Wochenende unbezahlbar. Und ringsherum war Stau auf allen Zufahrten. Will ich nicht. So langsam steht die Sonne niedrig, es ist nach 16Uhr und kein Plan. Aus dem Nichts ein Edeka im Wohngebiet, so ein Glück. Also fressen und horden was geht, wer weiss, wie lang der Tag noch wird. Am sehr gut ausgebauten R7/D9 Radweg sind immer wieder Unterstände, da könnte man zur Not ###Error E. Nur im Notfall.

Jetzt bin ich schon so weit gefahren....war da nicht im Werratal ein Campingplatz? Huii, der ist nur noch 20km entfernt! Mein Navi will mich aber jetzt auf einen häßlichen Feldweg lotsen,da stimmt was nicht. #Error F. Doch dann die Rettung, ein älterer Herr auf nem Ebike fragt, ob er mir helfen kann und nach Schilderung der Situation schlägt er eine bessere Route vor und fährt auch ein Stück voran und ich kann im Windschatten mitziehen Error F hatte nicht mit diesem Exception Handling gerechnet und wurde catched. Da jener Campingplatz sogar bis 8 Uhr abends noch Leute annimmt, ist dann nach 100km ein gütliches Ende dieser Etappe gekommen. Diverses Federvieh trilliert eine Nachtmusik und jetzt ist gut.

Tag 6 - open air

65km Irrfahrt endet in Baumreihe

Wegen Samstag keine Unterkünfte. Die Leute feiern wie die Bekloppten und buchen alle Unterkünfte im Hordenmodus restlos weg. 1 vs. wild beginnt. Viele mal bestehende Unterkünfte sind Corona zum Opfer gefallen oder anderweitig geschlossen in dieser ohnehin dünn besiedelten Region.

Südlich von Laucha und der A4 ist ein Plätzchen zur Übernachtung im Freien gefunden. Nur Tarp, Plane für unten und Isomatte und Schlafsack muss heute reichen. Kein Zelt möglich. Mit dem Aufbau muss man bis zur Dämmerung warten, damit die Wahrscheinlichkeit gesehen zu werden, möglichst gering ist.

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Am Morgen: keine Insekten! Es sind nur 6 Grad Celsius. Nur ein Fuchs war mal kurz vor Morgendämmerung zu hören. Die ganze Nacht hindurch hat allerdings eine Zikade oder etwas ähnliches sehr laut gezirpt. Welcome to ze tschörrman jungle!

7a...f - chill'n roll

In Erfurt lässt es sich gut erholen. Viel Tourismus, Biergärten und thüringer Küche.

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Dennoch wurden ein paar Ziele in der nâheren Umgebung berollt: Gebesee, Arnstadt, Isserode, Stottenheim, Möbisburg...

Tag 8 - hilly billy

Thüringen ist ziemlich wellig! So kamen auf der Strecke nach Bad Klosterlausnitz nicht nur 85 Entfernungskilometer, sondern auch 600 Höhenmeter zusammen. 22-09-IMG-20220515-115657177-HDR Rapsfelder wohin man blickt, im Supermarkt jedoch ist Rapsöl auch hier Mangelware.

Tag 9 - Escape from Thüringov

Heute ebenfalls eine schwierigere Strecke mit 75km und 600 Höhenmetern.

22-09b-IMG-20220516-131859579-HDR-1800 Dunkle Wolken im Anmarsch, schnell weiter ostwärts!

22-09aIMG-20220516-093602466-HDR-1800 Am Ende lande ich nach 5h zügiger Fahrt in Glauchau bei Zwickau. Keine Lust mehr bis Chemnitz durchzuziehen, was das ursprüngliche Tagesziel war. Aber alles über 70km mit voll bepacktem Rad und etlichen Hügeln und drohendem Unwetter ist schon weniger spaßig als Datenstrukturen in Java zu programmieren.

Zumal es ab 14 Uhr auch immer wieder mal tröpfelt und keine Sonne mehr zu sehen ist

Tag 10 - no shorts Wetter

Nachdem es in der Nacht geregnet hat und den ganzen Tag weiter schauert mit ohne Sonne und kalt, wird heute eine kürzere Tour nach Chemnitz reichen müssen. Schon nach 8km der erste Schauer, doch ein Picknick Unterstand ist die Rettung.

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Nach weiteren ca 8km wieder ein kleiner Schauer, eine üppige Linde bietet ausreichend Schutz.

Die Beschilderung der Radroute ist schlecht, aber ich kann mein Fahrradnavi benutzen und den alten Verlauf der D4 Route dort nachverfolgen. Leider ist die Route von D4 ständig im Wandel und der alte Verlauf führt auch über schlechte Feldwege oder kurzzeitig über Straßen ohne Seitenstreifen. Auf einem abschüssiger Feldweg mit nassem Gras kommt es zu einem kleinen Sturz. Zum Glück war ich sehr langsam unterwegs (wollte wegen der Nässe eh absteigen), ein kleiner seitlicher Rutsch und Pit Stop. Durch die lange Hose pssiert mir nicht viel, was man nicht mit einer Ibu 800 kurieren könnte. Am Rad ist der Lenker nicht mehr in der Flucht, auch das kann man direkt gerade biegen. An der einen Hecktasche bricht jedoch die innere Kralle weg. Die äußere ist aber noch intakt und man kann die Tasche wieder am Gepäckträger befestigen. Bei Unebenheiten muss ich jetzt aber noch langsamer machen, damit es nicht aushakt.

Schon in Chemnitz, erwischt mich dann ca 10min vor Ankunft in der Pension dann doch noch ein Schauer. So einer, wo man nach 20 Sekunden komplett durch ist. Die Bedienung von nassen Touchscreens ist unmöglich, IP68 ist toll aber das Display reagirt mehr auf Wassertropfen als auf nasse Finger. Also muss ich nach π × Daumen fahren und irgendwie klappt das sogar.

Nach 5h Stop and Go ist mit 42km und 400 Hm dieses kurze Stück geschafft.

Tag 11 - Anstiege

Bei 55km Strecke sind heute 900 Höhenmeter nach Freiberg zu meistern gewesen.

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An diversen Flusstälern entlang, über mehrere Hügel drüber und schiebend an nicht mehr zu meisternden Steigungen - über längere Zeit ist bei 10% Steigung Schluss - war dieser Tag einer der härteren. 22-11bIMG-20220518-133826378-HDR-1800

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Tag 12 - Tausend

Eine leichte Erholungtour mit nur 50km und mehr ab als auf bringt mich nach Meißen an der Elbe. Heute wurden auch die 1000km Gesamtstrecke überschritten!

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Dann gehts noch ein paar km elbaufwärts in eine Pension.

In Meißen habe ich tatsächlich einen bekannten deutschen youtuber an einer roten Ampel getroffen, der mit Kumpels per Rad unterwegs war.

Am Nachmittag werden nochmal 20km geradelt nach Coswig. Viel zu sehen gab es dort zwar nicht, aber der Weg an der Elbe ist umso schöner.

Tag 13 - Elbflorenz

Ein kurzer Abstecher ins schöne Dresden sorgt für 60km Zuwachs für die Gesamtstrecke. 22-13a-IMG-20220519-141707977-HDR-1800

Bei vorhergesagten Unwettern für den späten Nachmittag blieb für heute nur Zeit für eine kleinere Tagestour. Der Elbradweg ist sehr angenehm zu fahren, wird jedoch auch von vielen Radtouristen genutzt. Dementsprechend ist es ziemlich voll, besonders um Dresden herum.

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Tag 14 - Gegenwind

Der Tag nach dem nächtlichen Unwetter ist immer noch sehr windig. Natürlich muss ich den ganzen Tag dagegen halten

Dennoch kommt es auf der Fahrt nach Torgau zu ordentlichen 85km in 7 Stunden. 22-14a-IMG-20220521-153140291-HDR-1800

Zwischenzeitlich fahre ich umleitungsbedingt durch einen Zipfel von Brandenburg. Es sieht dort teils noch aus wie vor 40 Jahren. Schweres Kopfsteinpflaster, Pfützen wie Froschteiche, keinerlei Supermarkt, Wirtshaus oder sonstwas. Sogar einen verwaisten HO Laden konnte man noch finden, aber halt seit 30+ Jahren am verfallen.

Zum Glück finde ich spontan eine Pension in Torgau, die noch ein freies Zimmer hat. An Samstagen ist das ein Lottospiel.

Torgau ist ein hübsches Städtchen mit einem Schloss, welches einen Bärenfang hat, wo echte Braunbären leben! Die Innenstadt ist herausgeputzt und ein totaler Kontrast zum heutigen Provinzschock.

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Tag 15 - Richtung Dessau

Die Vegetation verändert sich.

Heute war mit 82km und leichtem Geläuf ein durchschnittlicher Tag. Auch die Landschaft war relativ klassisch - Felder, Wäldchen, Flüsse...nicht spektakulär. Beim genaueren Hinsehen sieht man jedoch, dass andere Baumarten häufiger werden bzw. auftreten. Wie beispielsweise Kiefern, Pappeln und Robinien (Bild) Letztere mögen es trocken und haben extrem hartes Holz, härter noch als Eiche!

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Beim Vorbeifahren in der Nähe von Bitterfeld gibt es einen großen See, der einst ein Braunkohlentagebau war: 22-15a-IMG-20220522-133944849-HDR-1800

Am Ende finde ich einen kleinen Waldcampingplatz an einem See ca 10 km südöstlich von Dessau. Gut fürs Budget! 22-15c-IMG-20220522-193356542-HDR-1800

Tag 16 - Durchgetreten

Die bislang längste Etappe erbringt 121km in 9h. Meine Smartwatch hat mich gelobt.

Der heutige Tag stand im direkten Zusammenhang mit der Wettervorhersage und führte deshalb nicht nach Magdeburg, sondern nach Brandenburg an der Havel. So komme ich doch noch durch Wittenberg, das ich am Vortag umkurvt hatte: 22-16-IMG-20220523-112231139-HDR-1800

Von dort an nordwärts war es auch tatsächlich sonnig. Die Wege sind teils sandig, ebenfalls tückisch wie nasses Gras.

Kurz vor 18 Uhr finde ich einen versteckten Campingplatz am Wasser nördlich von Brandenburg. Sehr viele Mücken. Der Campingplatzchef sieht aus wie Ron Perlman.

Tag 17 - mehr, mehr, mehr (Sand)

Der heutige Tag führte auf 130km weit in den Norden. Sand

Wittstock an der Dosse war das ursprüngliche Ziel, jedoch aufgrund der Übernachtungsmöglichkeiten (404 / not found) ging es noch weiter nordwärts als ich wollte. Wieder mal Camping.

Die meiste Zeit ging es auf begleitenden Wegen an Straßen entlang, so dass es nicht so toll war. Auch das Wetter war leicht unfreundlich; eine 30minütige Regenpause musste eingeschoben werden.

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Manche Abschnitte waren auch kaum befahrbar, weil Sandpiste oder Gras und Kopfsteinpflaster.

Mit Metal Musik auf den Ohren war der neue Kilometerrekord jedoch ein Leichtes.

Tag 18 - Müritz

Nach 94km in 8,25h endet die heutige Etappe zum Glück trocken. Es ist richtiges Aprilwetter und spürbar kühler.

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Auf teiils super und teils "echt jetzt?" Radwegen rollt oder hoppelt und schlingert es sich durch die Mecklenburger Seenplatte. Waren an der Müritz ist ein herausgeputztes Städtchen, das Wasser glasklar.

Campingplätze gibt es hier an jeder Ecke, das ist schonmal gut. Man muss also nicht lange suchen, sondern kann spontan bei Unlust oder Bierdurst sein Lager aufschlagen. Dieses Mal an einem See zwischen Malchin und Demmin. Als Radfahrer mit Zelt wird man quasi immer angenommen, auch ohne Reservierung etc.

Das Aprilwetter konnte ich ganz gut händeln, wirklich nass bin ich nur das eine mal in Chemnitz geworden.

Tag 19 - Ostsee

Mit 110km und Ziel Zinnowitz auf Usedom geht dieser Tag zu Ende.

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Reichlich Rückenwind hilft beim Vorwärtskommen.

Morgen ist Ruhetag und am Samstag geht's auf einer noch unbekannten Roite zurück.

Tag 20 - Zirkulation ums Achterwasser

Nach 70km weiter östlich auf Usedom herumkurven, die Kamp Fähre aufs Festland nehmen und einmal fast im Kreis nach Anklam, ging es schlussendlich nach Vitense.

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Dank Verwandtschaft vor Ort komme ich, wie auch in den letzten 2 Tagen, privat unter und muss mich um nichts kümmern. Bier und Grillgut tun gut.

Tag 21 - Zehn Meter Fährfahrt im Boot

Bei sich besserndem Wetter befinde ich mich nach 125km in 9 Stunden (inkl. Pausen) am Campingplatz Schwaan bei Rostock. 22-21-IMG-202205-Goot1800 Es geht zunächst parallel zur Peene westwärts, dann auf ca 20km auf der gleichen Route wie vor ein paar Tagen in die entgegengesetzte Richtung über Loitz und Demmin Richtung Müritz, um dann nordwestwärts Richtung Rostockein neues Gebiet zu erkunden.

Bei Verchen muss ich einem Boot die Peene überqueren, danach geht es durch eine Moorlandschaft (Titelbild).

Trotz der langen Strecke ist die Fahrt überwiegend auf guten Radwegen oder wenig befahrenen Landstraßen recht angenehm. Dank Cola Booster mache ich auf den letzten 20km einen Schnitt von 23km/h, obwohl ich schon 100km gestrampelt bin. Es gibt immer wieder kleine Hügel, so dass sich insgesamt 300 Höhenmeter angesammelt haben. Sooo flach ist der Norden gar nicht.

Abends muss immer genug Zeit - ca. 2-3 Stunden - sein, für den nächsten Tag die grobe Route zu planen, das Zelt aufzubauen, reichlich zu essen, zu duschen usw. Deshalb ist es immer ratsam, vor 19:00 anzukommen, damit man nicht im Dunkeln sitzt. Deshalb der Cola Booster. Die Wirkung des Zuckers aus der 330ml Dose hielt nur 45 min an, danach musste ich auf "Reserve" fahren. Aber alles gut.

Tag 22 - Kalter Kurztrip

Nach nur 55km nordwärts endet der heutige Tag am Campingplatz Börgerende.

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Es ist wieder kälter und nasser geworden, so dass heute eine Kurzetappe reichen muss. Von Rostock sehe ich nicht viel, der Wetterbericht droht stundenlanden Regen an und ich habe kein Quartier.

Über Rostock und Warnemünde geht es noch ein Stück Richtung Westen. Da dauernd nasses Ungemach von oben droht, ist der nächstbeste Campingplatz gut genug, und es regnet auch schon leicht bei 12 Grad.

Der Campingplatz gewinnt auf jeden Fall den Preis für die stylischsten Sanitäranlagen, die ich je an einem Campingplatz gesehen habe.

Tag 23 - Wismar (70km)

An der Ostseeküste entlang geht es zunächst sehr gemütlich nach Wismar. 22-23-IMG-20220531-142221388-HDR-1800

Über das sehr touristische Kühlungsborn mit Dampflokbimmelbahn und weiter über kleinere Orte hat man immer wieder nette Ostseeblicke.

Bei gutem Wetter muss ich nicht hasten, sondern darf oft rasten. Da es hier viele Campingplätze gibt, fällt auch die lästige Suche nach einem Quartier weg.

Die Radfahrerdichte nimmt zu, häufig sind auch größere Gruppen mit meist älteren Pedelec Radlern unterwegs.

Tag 24 - 90km südwest

Stop and Kuchen and go

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Nach einer geruhsamen Nacht auf dem Premium Campingplatz von Zierow und dem Weckruf eines nicht identifizierten Singvogels ab 5:00 Uhr geht es in südwestlicher Richtung nun weg von der Ostsee.

Immer noch geht es auf und ab. Die glaziale Serie hat gute Arbeit geleistet, damit es dem Radelnden nicht langweilig wird.

Da um 10:30 ein Regenband mit Gewittern vorbei zieht, wird an einer Bäckerei im Penny Grevesmühlen ausgiebig gefrühstückt.

Dann geht es weiter über Rehna, Roggendorf und Zarrentin nach Gudow zum campen. Habe Glück, dass ich dort unterkomme. Zwischendurch ist es sehr wechselhaft, aber trocken, da wo ich gerade bin. Es regnet nun doch beim Zeltaufbau und es muss schnell gehen.

Auf dem Weg hierher passiere ich ein weiteres "Vitense". Es ist ebenso klein und irgendwo im nirgendwo, wie das vor ein paar Tagen. Und es gibt auch noch ein Neu Vitense. Bingo!

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Im Gegensatz zum gestrigen Tag mit hunderten Radlern, habe ich heute keinen einzigen zu Gesicht bekommen.

Ach ja, die zweiten Tausend wären dann auch abgehakt

Tag 25 - Lüneburg

Am schönen Lüneburg fährt man nicht vorbei.

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Man nächtigt dort ordentlich und geht auch was gescheites essen und trinken. In meinem Falle ein Ratsherren Rotbier und Trüffel BBQ Burger.

Auf dem Weg dorthin sind schlechtes kaltes Wetter, ein langweiliger und streckenweise stark von Gänseexkrementen dekorierter Radweg am Elbe-Lübeck-Kanal und eine Sperrung, die extra Kilometer erfordert, genug Entbehrungen. Nur ein Schiffshebewerk ist ein kleines Highlight und danke für die Höhenmeter, haha. Alles in allem wird es hier aber immer flacher.

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Elbe bei Lauenburg

Es sind dann auch 66,66km geworden und jetzt ist gut. Um 17 Uhr kommt doch noch die Sonne hervor und soll erstmal bleiben. Das Fahrrad ist eingesperrt und wird von zwei Golden Retrievern bewacht.

Tag 26 - sunny day

Nach dem gestrigen mir-frieren-gleich-die-Finger-ab-Tag scheint heute die Sonne und es rollt sich wie von selbst.

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Mit 78km ist die Etappe durchschnittlich lang, aber überdurchschnittlich schön. Alles ist hier so hübsch und niedlich und pittoresk, dass man glaubt in einer perfekten Heile-Welt-Simulation zu sein. Ziel war heute Bad Fallingbostel und morgen geht es nach Porta Westfalica auf eine längere Etappe.

Tag 27 - Porta Westfalica

Nach 120km in knapp 9h bin ich endlich wieder im Bergland.

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Das Weserbergland ist ein langgezogenes Gebirge an der Weser. Bei Minden/Porta Westfalica ist es eingeschnitten.

Die Strecke war relativ leicht zu fahren, die Luft ist allerdings schwüler geworden. Morgen wird's wieder kürzer, zumal es ja auch wieder hügeliger wird.

Tag 28 - schnurstracks südwest

Es sieht fast so aus als würde ich eine "staight line challenge" versuchen, aber das ist reiner Zufall.

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Morgen möchte ich am Ruhrtal Radweg ankommen, der mir von anderen Radlern unterwegs empfohlen wurde. Und da liegen eben Bielefeld und Gütersloh auf dem Weg. Während Bielefeld noch ganz ok war, ist Gütersloh doch sehr trist. Ebenso der Teil von Rheda-Wiedenbrück, wo ich übernachte. Herford war allerdings ganz nett, ein gutes italienisches Eis tat sein übriges.

Die Fahrt war geprägt von vielen irrgartenartigen Umfahrungen von menschengemachter Infrastruktur an Bahngleisen, Kanälen, Brücken, Autobahnen, Schnellstraßen und gelegentlichen Sperrungen. Die Besiedlungsdichte nimmt halt wieder zu...

Bei 81 km war dann Schluss für heute. Mittlerweile fühlt sich diese Distanz an wie mal kurz einkaufen fahren.

Tag 29 - Ruhrtalradweg

Auf dem schönen Ruhrtalradweg angekommen, geht es zum Campingplatz in Syburg, was zu Dortmund gehört.

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Es war heute mal wieder windig von vorn, so dass die 98 km ziemlich anstrengend waren. Dazu immer wieder kleine Steigungen. Der Radweg ist beliebt und dementsprechend viel los. Zum Glück haben Asia Restaurants auch am Feiertag geöffnet, so konnte ich mich während eines Regengusses in Unna mit gebratenen Nudeln mit Hähnchen stärken.

Tag 30 - An der und über die Ruhr

Auf 112km geht es am schönen Ruhrtalradweg entlang. Man muss mehrfach die Seite wechseln, auch eine Fährfahrt ist wieder dabei, kostenlos.

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Es regnet leicht, dafür lange. erst am Nachmittag wird es besser. Zum ersten mal wurde ich an einem Campingplatz abgewiesen, vermutlich weil ich 15 min nach Schließung der Anmeldung da war. (17:45!). Auch zwei britische Radler wurden vorher schon abgewiesen und ich konnte auch nicht mehr erreichen. Feierabend geht halt vor.

Deswegen ging es noch weiter. Krefeld war dann das neue Ziel. Nicht sehr schön, aber es gibt hier eine gute Tapas Bar....man muss sich ja auch mal was gönnen.

Tag 31 - Kurz einkaufen (81km)

Mit 81 km am heutigen Tag nach Wesseling ist bereits um 15Uhr Schicht im Schacht.

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Bis zum Mittag war das Wetter noch gut, aber die vorhergesagte Regenfront kam dann in Köln zum Zuge.

Laut Aldi ist hier übrigens schon Süden.

Der Weg am Rhein führt an mächtigen Industriekomplexen vorbei, auch vor Wesseling ist ein großer Chemiekomplex direkt neben der Straße.

In Wesseling habe ich ein kleines Hotel gefunden, das von einem rührigen älteren Ehepaar betrieben wird. Auch preislich in Ordnung, das ist in dieser Region sehr selten.. Das Zimmer ist sehr klein, aber dafür sehr hoch, und ich muss morgen kein nasses Zelt abbauen.

Tag 32 - Linksrheinisch nach Koblenz (95km)

Teuflisch gut beim Wetterlesen - oder: ich sag dir, wo die Wolken zieh'n. 22-32IMG-20220609-092737813-HDR-1800

Irgendwie macht es Spaß, das Wetter zu beobachten und sich anzupassen. Auch heute konnte ich so den vielen Schauern und Gewittern entkommen. Lieber trocken und satt, als hungrig und nass... So gab es ein ausgiebiges Mittagessen im Balkan Style, nachdem ich eine 10km Umleitung beim Ahrtal nehmen musste. Die Beseitigung der Schäden nach den Fluten im letzten Jahr dauern teils immer noch an.

In puncto schöner Radweg ist es schwer, den Rhein zwischen Bonn und Wiesbaden zu schlagen. Die halbe Strecke bis Koblenz, wo die Mosel den Rhein trifft, ist schon sehr schön. Und es wird wohl noch besser.

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Teuflisch ist auch meine Navigations App, die mich morgen ab Rehns in den Rhein schicken will.

Tag 33 / 34 - Abschluss mit Monsteretappe

Die grobe Planung für den Heimweg von Koblenz nach Baden-Baden, war: mache ich das in drei oder in zwei Etappen? Die Realität antwortet: "Hold my beer". 22-endIMG-20220610-202849141-HDR-1800

Wenn ich eins gelernt habe auf der Tour: es kommt immer anders als man denkt, also nicht so viel Denken!

Die Übernachtung im Hotel in Koblenz, ein Stück an der Mosel flussaufwärts, war gut und ein Frühstück gab es auch. Start ca. 8:30 Uhr bei gutem Wetter. Ich muss mich durch die Stadt wurschteln, das ist immer zeitraubend: Ampeln, Unterführungen, Brücken, Sperrungen, falsch abbiegen, Radweg suchen, in der FuZo schieben müssen, noch was einkaufen, Fotomotive usw. ermöglichen kein schnelles Entkommen aus der Stadt. Aus keiner Stadt; je größer, desto schlimmer.

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Wie weit es heute gehen soll, das ist noch unklar. Wenn ich nur bis Bingen komme, dann werden es wohl noch drei (normale) Etappen nach Hause, wenn ich irgendwo zwischen Mainz und Worms lande, dann reichen zwei größere Etappen, um nach Hause zu gelangen. Aber erstmal losfahren.

Wie erwartet, ist der Abschnitt zwischen Koblenz und Bingen ein Fest fürs Auge, jede Flussbiegung bietet Neues und Schönes zum innehalten und genießen. Es gibt auch enge Streckenabschnitte, die nicht direkt am Rhein verlaufen bzw wo keine Sicht darauf ist, weil man direkt neben der B9 und der Eisenbahn fährt. geschätzt waren das ca 25 km. Ansonsten hat man als Radler immer schön Sicht auf den Fluss und die rechtsrheinische Seite mit ihren Erhebungen, die berühmteste ist wohl der Loreley Felsen. Und Burgen satt.

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In Bingen nach ca 80 km Fahrt ist es ca 13:30 Uhr, und ich habe Lust auf besseres Essen als die mitgeführten Brötchen. Ein Asia Bistro ist schnell gefunden und das Essen schmeckt. Da es definitiv noch zu früh ist, um schon aufzuhören, geht es also weiter, mindestens bis Mainz und dann mal nach einem Campingplatz schauen.

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Die Strecke von Bingen nach Mainz ist nicht mehr so schön, man fährt unterhalb der Deiche im Polder und es sieht aus, wie alle Poldern: flach, Gras, Kühe. In Mainz nervt wie gewohnt der Großstadtverkehr, aber ich finde meinen Weg an den Rhein zurück, aber mache einen Fehler: ich bleibe linksrheinisch. Auf dieser Seite gibt es aber keine Campingplätze für Kurzzelter, die sind aus irgendeinem Grund alle auf der hessischen Seite...grübel, grübel...ach was, irgendeine Pension wird sich schon finden.

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Also das ... ja (räusper) ... ähm - also in diesem Teil von Rheinland-Pfalz ist alles ein bissle anders. Es handelt sich um eine beliebte Weinregion, in der Hotels schon ein Jahr vorher ausgebucht sind und preislich bei 140 Euro anfangen, wenn denn was frei wäre, haha. In zwei Orten irre ich also umher auf der Suche nach einem Quartier, aber es ist schon 19:00 Uhr und es findet sich nichts. Aus Frust esse ich einen Döner und fahre weiter. Ein Supermarkt etwas später bietet nochmals die Gelegenheit einzukaufen und dort bemerke ich, dass mein Navi fast leer ist, da es anscheinend nicht mehr vom Dynamo geladen wurde. Irgendwas mit der Elektrik am Rad stimmt nicht, es geht also dann auch kein Licht. Zum Glück war das behebbar, am Stecker des Nabendynamos waren nur die Drähte etwas mitgenommen und es ließ sich noch richten. Es wurde auch langsam schon dunkel (ca 20:00 Uhr). Jetzt waren auch schon 140 km auf dem Zähler und die längste Etappe der Tour erreicht.

Was nun, irgendwo eine Schutzhütte suchen oder wieder im Wald campen? Nicht so einfach. Weil keine Schutzhütten vorhanden (laut App und auch keine bislang gesehen) und der Wald ist bergig und da muss man auch erstmal hinkommen. Also was soll's, ich fahre jetzt einfach weiter und wenn ich nicht mehr kann, lege ich mich auf ne Bank am Wegesrand und penne halt ein paar Stunden. Wirklich schlapp fühle ich mich nach 30+ Tagen Training auch nicht wirklich. Schaumermal!

Also Navi umstecken auf Powerbank und Licht an! Nächste Zwischenziele sind dann Worms, Ludwigshafen, Speyer. Der Weg von Speyer nach Baden-Baden ist mir bereits bekannt und ich weiß, dass dieser auf sehr gutem Asphalt und überwiegend irgendwo durch die Pampa weitab der Zivilisation läuft.

Bei Worms ist ein gut besuchter Rummelplatz mit viel Halligalli und Polizei und angetrunkenen jungen Menschen zu passieren. Die Polizei lässt mich als vorbildlicher Fernradler mit Helm, Warnweste, Reflektoren und bester Beleuchtung meinen Weg strampeln. Danach wird es stockdunkel und ruuuuhig. Die erste Nachtfahrt meines Lebens (und mittlerweile 150 km in den Beinen) beginnt.

Ich hätte nicht gedacht, wie interessant eine Nachtfahrt sein kann, denn man sieht ja nur 15m nach vorn und sonst nichts. Ich muss mein Tempo auf ca 10 km/h senken, denn jeder zu spät bemerkte Hubbel könnte eine Panne oder einen Sturz verursachen. Außerdem werden jetzt Tiere aktiv und sind überall. Es raschelt überall! Selbst ein Wildunfall ist möglich. Und in der Tat, ein kleines Reh erschrickt sich und rennt mir einen Meter vorm Rad über den Weg. Ab jetzt wird alle paar Minuten und vor jeder Kurve einfach mal geklingelt, um mich anzukündigen. In der Dämmerung und der Nacht begegnen mir noch dutzende Hasen, ein Waschbär, ein Dachs, mehrere Rehe und drei junge Wildschweine sowie unzählige Hauskatzen, aber zum Glück keine streunenden Hunde!

So geht es also durch Ludwigshafen nach Speyer, wo ich an einer Tankstelle (2:00 Uhr) nochmal Getränke und Brötchen kaufen kann. Jetzt wird es auch Zeit, sich Beinlinge, Buff und eine zusätzliche Jacke anzuziehen, denn es ist sehr frisch. Um 3:08 Uhr erlebe ich einen sehr schönen Monduntergang. Im Norden wird der Himmel von der bald aufgehenden Sonne bereits angestrahlt und kündigt den baldigen Tagesanbruch an.

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Ab jetzt bis ca 5:00 Uhr ist definitiv mein Tiefpunkt erreicht. Alle 30 Minuten steige ich vom Rad und schiebe für ein paar Minuten, da der Hintern nicht mehr will. Mittlerweile sind auch 220 km erreicht und damit mein persönlicher Rekord überboten. Nur mit dem Unterschied, dass dieses Mal auch noch 25 kg extra Gepäck und Schlafentzug mit dabei sind! Ab jetzt laufe ich quasi auf Autopilot, einfach weiter, weiter ... als ich Wörth erreiche, ist es auch schon wieder hell. Hier geht es über die Rheinbrücke nach Karlsruhe und über Durmersheim und Rastatt nach Hause. Die Müdigkeit ist weg, aber die Kraft reicht nur noch für Schleichfahrt. Mit 10-12 km/h kommt man aber auch irgendwann an, und um ca 9:30 Uhr, nach 25h im Sattel, davon ca 3h Pausen, bin ich zu Hause.

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Die Etappenlänge von 312 km ist mit Abstand die größte Strecke, die ich je gefahren bin - und 3000 km Gesamtstrecke sind ebenfalls erreicht, und das ohne Pannen, spooky Menschen zu begegnen, tierische Zusammenstöße oder gesundheitliche Probleme zu bekommen. Das bedeutet auch, dass ich durchschnittlich 90 km pro Tag gefahren bin, was viel mehr ist, als ich vorher geschätzt hatte (70). Auch das Equipment hat durchgehalten, am Fahrrad selbst gab es keine Probleme. Das Taschenproblem konnte ein Kabelbinder richten und ansonsten gab es nur den normalen Verschleiß an Bremsbelägen und Kette, beides kann für insgesamt 25 € einfach erneuert werden.