Tour reloaded 2023

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Diese Tour wird von Baden-Baden nach Erfurt und zurück führen. Auf ca. 1000km Gesamtstrecke versuche ich, wo möglich, abzuweichen von der Hin-Route im Jahr 2022 oder andere Übernachtungsplätze zu nutzen. Auch soll die Strecke von Baden-Baden nach Erfurt und zurück (jeweils ca. 530km und je ca. 2400 Höhenmeter) in weniger als jeweils 6½ Tagen geschafft werden. (Spoiler: es ist möglich!)

Vorbereitungen Es gibt nur wenige Änderungen im Equipment. Gefahren wird diesmal mit Adiletten, damit Regen keine größeren Nachwirkungen hat. Gegen Regen ist diesmal ein spezieller Fahrrad-Poncho ("Boncho" von VANMOOF - mittlerweile insolvent) dabei. Eine verbesserte Action-Cam Halterung und selbstgebastelte Spritzschutz Lappen aus einer übrig gebliebenen Verpackung, eine zusätzliche Flaschenhalterung am Unterrohr sowie 2 zusätzliche Gummi-Expander kommen auch noch mit. Anstelle des Solarpanels wird eine 20Ah Powerbank mitgnommen. Ansonsten alles wie gehabt! Trotzdem ist das Rad etwas überladen (+8kg).

Anreise Tag 1 - easy peasy Wolkensqueezie

100km / 240m ↑

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Aufziehendes Unwetter bei Bruchsal gegen 13:00 Uhr

Start um 7:30, Ankunft 15:30. Super easy erster Tag, obwohl etwa 20 min in einer Schutzhütte ein Schauer (mit Gewitter) abgewartet werden musste. Der "Boncho", bislang nie benutzt, funktioniert ganz gut. Nach Jahren des Nicht-Nutzens kam er doch mal zum Einsatz. Vorteil: man schwitzt nicht so drunter wie unter einer Regenhose plus -jacke.

Der Campingplatz ist derselbe wie im letzten Jahr, aber sehr viel voller und natürlich ein paar Euronen teurer. (Walldorf Astoria).

Anreise Tag 2 - stechi kneifi Mückenbeißi

100km / 530m ↑

Am Morgen beim Zeltabbau wimmelt es vor blutsaugenden Minimonstern. Anscheinend sind auch die fiesen Kriebelmücken dabei; ich werde mehrfach angebissen und die spürbaren Stiche sehen übel aus und bluten ziemlich lange. Sie sollen mich noch tagelang nerven. Gut, dass ich eine Cortisonsalbe dabei habe...

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Die Route wird etwas hügeliger. Sie verläuft diesmal weiter östlich am Fuße des Odenwalds entlang und ist nicht so ebenmäßig. Heidelberg zu durchqueren ist wie immer ätzend. Viele Baustellen und eine für Autos optimierte Infrastruktur machen keinen Spaß. Zum Glück ist es Sonntag und es ist nicht viel los. Nach einer Weile, ca. bei Weinheim, verlasse ich die bergige Streckenvariante und fahre in flacheren Gefilden weiter, da es auch knapp 30°C hat. Bensheim sah ganz nett aus, hier gibt es auch einen Campingplatz. Der ist etwas höher gelegen und es ist noch viel zu früh zum Aufhören, also wird weiter gefahren. Im Raum Frankfurt wimmelt es von Menschen in den Wäldern. Man ist nie allein. Hinz und Kunz sind mit Kind und Hund und Kegel und Oma und Rollstuhl unterwegs. So ist das am Sonntag in einer Metropolregion eben.

Später geht es dann wieder bergiger durch Wald und Flur bis zum Camping in Dreieich/Offenbach. Ich bekomme eine winzige Nische, wo nur mein kleines Zelt und mein Rad reinpasst, ist aber perfekt.

23.5IMG-20230813-122827089-1800 Bei Offenbach

Anreise Tag 3 - fühl dich frei

120km / 580m ↑

Dieser Tag wird anstrengend. Es gibt wieder Umleitungen und ständige Schauer und Gewitter. Zu Beginn sieht es aber noch schön aus.

Zwischen Dreieich und Hanau 23.6IMG-20230814-093439913-HDR-1800

23.71692936917_IMG-20230814-103605972-HDR-1800 südlich von Hanau

Gespeist wird wieder im gleichen Lokal wie vor einem Jahr in Oberrodenbach. Die salzige Pizza und Ayran füllen die Natrium-Vorräte wieder gut auf, wichtig für den Elektrolythaushalt. Die ungesunde Cola gibt 30 Minuten Schnell-Energie.

23.8IMG-20230814-114533906-HDR-1800 Pizza Sucuk

Die Kinzigtalsperre ist immer noch leer. Mittlerweile wuchert sie mit Pionierpflanzen zu. In diesem Jahr muss man aber keine Umleitung fahren und kann deshalb auf dem guten Radweg bleiben.

23.9IMG-20230814-162107055-1800 Kinzigtalsperre / Spessart

23.10IMG-20230814-162942988-HDR-1800 Talsperre wuchert zu

Im hübschen Steinau an der Straße beginnen wieder die Höhenmeter...

23.11IMG-20230814-165715604-HDR-1800 Steinau an der Straße

Der altbekannte Salzberg bei Flieden. Es zieht immer schlechteres Wetter auf.

23.12IMG-20230814-190407020-HDR-1800 Salzberg bei Flieden

Bis Fulda regnet es immer wieder, auch Gewitter sind wieder dabei. Eine interessante Wolkenformation aus 3 nebeneinander liegenden Wolken blitzt mehr als 30 Minuten lang abwechselnd auf, ohne Erdkontakt.

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Heute wird im Freien campiert. Irgendwo südlich von Fulda ist ein Wegkreuz und 3 Bänke, die mein Nachtlager werden. Von der einen Seite durch eine Hecke vor Sicht geschützt, von der anderen Seite jedoch nicht. Es gibt aber nur wenig nächtlichen Verkehr. Ein paar Radler huschen vorbei, und in der Hecke arbeitet sich ein Tier (Vogel?) die ganze Nacht ab. Mitten in der Nacht positioniert sich ein Traktor am angrenzenden Feld, ca. 300m entfernt. Zum Glück fängt er nicht an zu arbeiten.

23.14IMG-20230814-212204-089-1800 Nachtlager

23.15jesus-therm-1800 So sieht der Schlafplatz unter einer Thermalkamera aus, wenn die Objekte noch Wärme abgeben

In den frühen Morgenstunden bildet sich ein sehr dichter Nebel, alles wird klamm. Im Infrarot Sensor der Kamera erkennt man die vielen winzigen Wassertropfen, die sich wie ein Schwarm bewegen. Leider verwischen diese im Foto wieder zu Nebel wegen der Belichtungszeit.

Anreise Tag 4 - unerwartete Verlängerungen

125km / 1020m ↑

Noch in der Dämmerung wird aufgebrochen, denn die Querung der "Großstadt" Fulda (die Stadt wirkt größer als sie ist) will noch vor Erwachen des Berufsverkehrs erfolgen. Außerdem gibt es viele Höhenmeter zu bezwingen! Trotz wenig Schlaf läuft es gut an, die Nacht blieb bis auf den Morgentau trocken. Eigentliches Ziel ist Heringen (Camping), aber, aber, aber...

Im schönen Haunetal genieße ich die Stille und den schönsten Sonnenaufgang der Tour.

23.16IMG-20230815-064938812-HDR-1800 Sonnenaufgang im Haunetal

Die Zellmühle, eine Pension/Restaurant ist mittlerweile geschlossen und verkauft. Anscheinend wird es zu einem normalen Wohnhaus umgebaut. Letztes Jahr hätte man dort noch einchecken können.

Vorbei an glücklichen Kühen... 23.171692939636_IMG-20230815-084819269-1800

...geht es auf das schönste neue Teilstück der Tour. Ab Hünfeld geht es nicht wie im letzten Jahr über Bad Hersfeld, sondern querfeldein in nordöstlicher Richtung über den Hübelsberg nach Heringen. Die Strecke ist sogar etwas kürzer, aber hat mehr Anstiege und teils schlechteren Untergrund, ist trotzdem mit einem schweren Trekkingbike noch zu schaffen.

23.18IMG-20230815-095846022-1800 Hübelsberg

Einige Streckenabschnitte haben gestern wohl mehr vom Unwetter erlebt, viele Äste und ganze Bäume hat es erwischt...

23.191692939901_image-1800 Bei Rasdorf

23.20IMG-20230815-105544026-1800 Bei Pferdsdorf (Unterbreizenbach). Das Gefährt ist viel zu beladen, das muss besser werden. Zu viel Proviant (Beutel links) ist auch nicht gut.

Endlich in Heringen am Campingplatz angekommen, freue ich mich auf ein Wiedersehen mit den Betreibern. Es ist noch recht früh, ca 14:00 Uhr und niemand da. Leider ist auch sonst niemand da. Keine Zelte, keine Caravans, es sieht verlassen aus, das Gras steht hoch. Nach etwas herumlaufen finde ich einen leicht zerfledderten Aushang, auf dem steht, dass der Pachtvertrag zum Ende des Jahres 2022 aus einem traurigen Grund, nämlich wegen Tod des Pächters, beendet wurde und die Stadt sofort Strom und Wasser abgestellt hat und den Platz auch weder selbst weiterführen möchte, noch an sonstwen verpachtet. Welch trauriger Moment. Also muss es weiter gehen. Zunächst versuche ich es in Herleshausen, danach in Hörschel, aber die Unterkünfte dort sind nicht offen bzw nicht auf spontanen Besuch ausgelegt. Da es geregnet hatte, ist der kurze steile Anstieg nach Hörschel mit dem schweren Trekkingrad nicht machbar (Matsch), also erstmal nachdenken. Es gäbe noch die Möglichkeit, den Zug bis Eisenach zu nehmen. Da es aber keinen Automaten am Steig gibt und mit der DB App es nicht möglich ist, Fahrradtickets zu kaufen, komme ich davon wieder ab und versuche es nochmals. Es klappt dann auch, da es etwas trockener geworden ist und nach 10 weiteren Kilometern bin ich endlich in Eisenach. Hier checke ich ins Lutherhotel ein. Allerdings ist deren Internet total kaputt und sie können mich nicht einchecken. Nach 45 min warten und gratis Getränk ("Tränklein" nennen sie es, man versucht in mittelalterlicher Manier zu reden) bekomme ich doch noch mein Zimmer. Das Internet wird aber auch am nächsten Tag nicht gehen.

Anreise Tag 5 - rollen ins Ziel: Erfurt

70km / 300m ↑

Das Frühstück im Eisenacher Hotel ist sehr gut und so geht es auf die letzten 70km nach Erfurt. Dieses mal nicht auf der offiziellen Route, sondern nördlich davon über Dörfer und Felder, aber ebenfalls mit guten Fahrradwegen. Es warten leckere ostdeutsche Blechkuchen auf mich (Apfel, Kirsch-Mohn, Stachelbeere-Schmand).

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Abreise Tag 1 - re-roll aus Erfurt

95km / 550m ↑

Auf einem nochmals weiter nördlich gelegenen Weg (Nesseltal) mit ein paar Höhenmetern geht es in der ersten Tageshälfte bei bedecktem Himmel vorbei an Obstbäumen bis nach Berka an der Werra zu einem kleinen, putzigen Campingplatz, der eine ruhige Hälfte und eine speziell für Jugendliche hat. Ich bin nicht der einzige Radler dort, es ist ganz schön voll.

Überall wird die Ernte eingefahren und Heuballen gemacht.

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Abreise Tag 2 - Berka → Schlüchtern

125km / 850m ↑

Heute weiter auf dem Kegelspiel Radweg, teils wohl eine alte Bahntrasse.

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Eingecheckt wird im Stadthotel in Schlüchtern. Moderater Preis und großes Zimmer, sehr freundliche spontane Aufnahme nach 19:00 Uhr!

Abreise Tag 3 - durchtreten nach Hause (24h)

330km / 1200m ↑

Was einmal geht, geht auch zweimal, also wird der letzte Abschnitt wieder als Monsteretappe gefahren. Nach einem Einkauf in Bensheim und Auftragen von viel Icaridin-Insektenspray geht es sehr langsam in der Dämmerung und der Dunkelheit weiter. In Burstadt und Worms gibt es Probleme mit dem Weg (Brückensperrung), aber nette Menschen helfen mir aus meiner Misere. In Burstadt begleiten sie mich sogar auf dem Fahrrad aus der Stadt!. Danach ist es quasi die gleiche Tour wie im letzten Jahr. Irgendwo im Nirgendwo ist die Strecke komplett gesperrt, ebenso die kreuzende Landstraße. Mein Navi zeigt ca 200m abseits einen Weg an, der auch ein Wasserlauf sein könnte. Da es keine Alternative gibt, muss ich dahin. Es ist zum Glück ein Weg, der dann auch tatsächlich auf den eingentlichen Weg zurück führt, es ist stockdunkel übrigens. Nach Speyer wird ein kürzerer Weg über Limburgerhof und Schifferstadt genommen anstatt die langen Rheinschleifen zu fahren. Dank zusätzlicher 300 Lumen Stirnlampe sehe ich alles, vor allem die funkelnden Augenpaare links und rechts des Weges (meist Rehe). In dieser Nacht begegne ich sogar einem Autofahrer in dem Naturschutzgebiet zwischen Speyer und Germersheim.

Stats und Co 1050km, ca 5000 Höhenmeter (Steigung) 5 + 3 = 8 Tage = Ø 130km/Tag

Längster Abschnitt 330km (24h Fahrt) Schlüchtern - Hanau - Darmstadt - Bensheim - Worms - Schifferstadt - Speyer - Germersheim - Karlsruhe - Ötigheim - Baden-Baden

Schönstes Teilstück Hünfeld-Rasdorf-Hubelsberg-Pferdsdorf (VR-Radweg + EV13 Radweg)

Unnötigstes Equipment Schlafsack! Es war selbst nachts so warm, dass ich ihn nicht ein einziges mal auch nur ausgepackt habe.

Gesamtroute 23-end2route2023-22-image Route 2023 und Vergleich mit Route in 2022 (gelb) / Karte: © OpenStreetMap-Mitwirkende